Videomeeting: Tipps für Ihren Auftritt

Sie betreten pünktlich, gesprächsbereit und voller konstruktiver Ideen den virtuellen Konferenzraum, Kamera und Mikrofon sind eingeschaltet. Irgendwo geht dann ein kleines Fenster auf, in dem Sie sich selbst sehen. Und in dem Moment kommt der Schock: Ach du liebe Zeit! Ich sehe ja furchtbar aus! Wer dieses Erlebnis noch nie hatte, schreibe bitte den ersten Kommentar!

Tatsächlich sind die Bilder, die die Kamera des Laptops von uns macht, objektiv nicht sehr schmeichelhaft. Hier verrate ich Ihnen jedoch ein paar Tipps, wie Sie in einem virtuellen Meeting dennoch gut aussehen.

1. Kommen Sie aus der Deckung!

Astrid Windfuhr, Koeln, 2020.Wenn Sie das oben beschriebene Schock-Erlebnis hatten, haben Sie eine Sache zumindest schon richtig gemacht: Sie haben sich gezeigt! Das ist ein guter, goldrichtiger Anfang! Denn in einem Videomeeting geht es genau darum, dass man sich zeigt! Sonst könnte man ja auch eine Telefonkonferenz abhalten. Leider ist das Sich-Zeigen jedoch noch nicht selbstverständlich. Manche Teilnehmer blockieren die Kamera und verschanzen sich sich hinter einem schematischen Icon. Das ist in der Wirkung jedoch weitaus schlimmer, als ein paar Jahre älter auszusehen: „Was hat der/die zu verbergen?“, fragen sich da die anderen. Also: Seien Sie tapfer und zeigen Sie sich! Das ist für die restlichen Teilnehmer immer noch die angenehmste Lösung. Außerdem wirkt es einfach souveräner.

2. Die richtige Kleidung

Ein Grund, warum sich Teilnehmer vielleicht verstecken: Sie haben erst zwei Sekunden vor Beginn des Meetings festgestellt, dass sie noch im Pyjama sind … „Homewear“ ist tatsächlich nicht der Dresscode für das virtuelle Meeting. Ziehen Sie unbedingt etwas an, womit Sie auch ins Büro gehen könnten. Wählen Sie aber eher ein Freitags- als ein Mittwochs-Outfit, denn ein formaler Business-Look mit Blazer oder gar Krawatte ist am heimischen Schreibtisch nun auch wieder nicht glaubwürdig. Da die Laptop-Kamera uns sowieso schon blass und knautschig wirken lässt, kommt es bei der Kleidung ganz besonders auf vorteilhafte Farben an. Dazu zwei grundsätzliche Tipps: 1. Wenn Sie von Natur aus dunkle Haare und dunkle Augen haben, tragen Sie eher dunkle Farben. Menschen mit hellen Haaren und hellen Augen sehen umgekehrt in hellen Farben besser aus. 2. Meiden Sie Beige, Orange und Erdtöne. Diese Farben lassen ca. 97% der mitteleuropäischen Menschen müde und kränklich aussehen. Vermeiden Sie außerdem kleine Muster und kleinteiligen Schmuck, beides geht im Pixel-Salat unter.

3. Das Make up

Da die Laptop-Kamera Gesichter oft wie einen Klumpen blassen Kuchenteig aussehen lässt, ist Schminken eine gute Maßnahme. Sorgen Sie für Kontrast und Kontur, indem Sie Augen und Lippen betonen. Und ganz wichtig ist Rouge: Das macht frisch!

4. Kameraposition und Beleuchtung

Virtuell1 KopieDie Schreibtischlampe ist beim Videomeeting leider nicht unser bester Freund. Der Grund: Sie sendet das Licht von seitlich oben, das lässt Gesichter fahl aussehen und bringt irritierende Spiegelungen auf Brillengläser. Am besten ist Tageslicht oder eine indirekte Lichtquelle, die von einer Position hinter der Kamera ins Gesicht scheint. Außerdem sollte das Kameraauge im Laptop auf Höhe der (eigenen) Augen gebracht werden, notfalls mit ein paar Coffeetable-Kunstbänden, die Sie unter den Laptop schieben. Auf diese Weise entsteht so etwas wie Blickkontakt mit den anderen Teilnehmern, Sie wirken selbstbewusst, aber nicht „von oben herab“ – und das Doppelkinn ist auch weg. Das Bild direkt über diesem Absatz ist mit meiner Laptop-Kamera so wie beschrieben aufgenommen. Ich finde: So geht’s! Und noch ein Extra-Tipp: Lebhafte Gestik stößt schnell an die Grenzen des Bildausschnitts, Stillhalten wirkt souveräner.

5. Hintergrund

Was befindet sich hinter Ihrem Schreibtischstuhl? Ein unaufgeräumtes Regal? Gammelige Ordner und chaotische Papierstapel? Herabhängende Kabel? Kitschige Urlaubs-Souvernirs? Auch wenn Sie selbst diese Interieur-Design-Schwachstellen schon vor Jahren verdrängt haben, die Laptop-Kamera zeigt all das Zeugs ohne Erbarmen! Besser: Eine schlichte Wand oder ein schönes gepflegtes Bücherregal. Ein interessantes Stilmittel sind auch Bilder oder Zitate. Die können Sie sogar für Ihre Gesprächsziele nutzen: Sie werden nämlich als eine Art Überschrift gelesen für alles, was während der Videokonferenz passiert. Bei einem meiner ersten virtuellen Meetings war ich erstaunt über die Offenheit aller Teilnehmer für unkonventionelle Ideen. Einige Tage später sprach mich jemand aus dem Kreis auf eine Karte an, die hinter meinem Schreibtisch an die Wand gepinnt ist. Darauf steht ein Zitat von Albert Einstein, es lautet: „Wenn eine Idee nicht zuerst absurd erscheint, taugt sie nichts.“

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Scheitern mit Stil

Abkürzungen liegen ja total im Trend. Wissen Sie, was eine BFF ist? Das steht für „Best Friend Forever“. Und neben den seit langem bekannten VIPs gibt es jetzt zum Beispiel auch MVPs, „Most Valuable Players“ – das sind die teuersten Fußballspieler im Verein. Aber wofür steht BDFPE? Das heißt ausgeschrieben „Best Dressed Female Politican Ever“ und ist eine Wortschöpfung von mir – für Theresa May. 

Therers May 1Schon in wenigen Tagen wird sie die politische Bühne verlassen und eine EBPM (Ex-British-Prime-Minister) sein: Als Politikerin mit dem Brexit auf dem Holzweg, am Austrittsvertrag auch noch kläglich gescheitert – aber als Stilikone wegweisend. Während Angela Merkel und Hillary Clinton gerade mal passabel aussehen und Franziska Giffey dringend eine Beratung braucht, erfüllt sie den Dresscode einer Premierministerin mit Klasse, reizt ihn aber bis an die Grenzen aus, um zu zeigen, was alles noch geht. Was macht ihren Stil so besonders, so elegant? Ich möchte Theresa Mays letzte Tage im Amt nutzen, um ihr Stilrezept zu erklären:

  1. Jacken mit besonderem Schnitt: Wie andere Politikerinnen trägt Theresa May auch Kostüme und Hosenanzüge. Aber was für welche! Keine langweiligen Kopien von Männeranzügen, sondern raffiniert-elegante Varianten mit abgerundeten Kanten, drapierten Kragen und geschlitzten und gefalteten Schößen (Foto unten).
  2. Kräftige Farben hat Angela Merkel in die weibliche Politik-Mode eingeführt. Theresa May nutzt diese Knall-Effekte aber noch besser durch monochrome Looks und die Wahl von Farben, die ihr auch wirklich stehen, z. B. Royalblau.
  3. Die Hemdbluse gehört zum gängigen Polit- und Business-Style wie das Wasserglas zum Redner-Pult – und sieht meist auch ebenso fad aus. Theresa May trägt einfach keine! Stattdessen hält sie sich an feine Tops oder Kleider. Dafür gibt es das Prädikat Lady!
  4. Besondere Schuhe: Zu ihrer Amtseinführung trug sie Leo-Pumps, später wurde sie mit Schmucksteinen oder roten Absätzen am Schuh und sogar in Overknee-Stiefeln gesichtet. Das nenne ich Mut am Fuß!
  5. Großer Statement-Schmuck: Selbst die Karikaturisten haben nach einer gewissen Anlaufzeit dieses Markenzeichen von Theresa May erkannt. Großer Schmuck hat einfach Grandezza – vor allem an großen Frauen.

Die Aussage dieser Outfits: „Die traut sich was!“ oder „Hoppla, hier komm ich!“ Ein empfehlenswertes Kleidungs-Konzept auch für Politikerinnen und Businessfrauen hierzulande. Aber wiederholen Sie dabei nicht die Fehler der BDFPE, sondern achten Sie unbedingt auch darauf, zukunftsfähige Inhalte, eine belastbare Strategie und ein starkes Rückgrat zu entwickeln. Sonst wirkt die große Kette – wie am Ende bei Theresa May – nicht mehr wie ein Statement, sondern eher wie eine schwere Fessel.

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No Dresscode – Was nun?

Zuerst Daimler, dann Rewe und jetzt auch bei der New Yorker Investmentbank Goldman-Sachs: Der klassische Business-Dresscode ist aufgehoben! Bei Start-ups und in der IT-Branche heißt es eh schon länger: „Das Anzug- und Krawatte-Spiel machen wir nicht mit!“ Jetzt gilt also auch bei Konzernen: No Dresscode. 

Foto_DresscodeAber was nun anziehen? Die klassischen Kleiderregeln waren leicht zu befolgen: Anzug plus helles Hemd plus Krawatte plus schwarze (!), feine Lederschuhe. Eine Uniform, hinter der Mann sich gut verstecken konnte. Ein Dresscode ist tatsächlich so etwas wie eine Formel, die die in einem bestimmten Umfeld erwünschte Kleidung beschreibt. Dresscodes können explizit formuliert werden (z. B. „Black Tie“auf der Einladung zu einer Gala) oder auch etwas unausgesprochen Übliches sein.

Fällt jetzt der gesetzte Rahmen durch die Business-Formel weg, besteht die Gefahr, dass routinierte Anzugträger stilistisch ins Bodenlose fallen. Sind die Alternative Jeans und Schlabberpullover, mit der der Manager samstags einkaufen geht? Weil sie wohl ahnen, dass es das nicht sein kann, halten zumindest in den deutschen Führungsetagen die Herren bei der neuen Lässigkeit den Ball flach: Sie tragen ihre gewohnten Anzüge und Hemden und lassen einfach nur die Krawatte weg. 

Die neue Freiheit zeigt sich als Lücke

Damit haben sie aber einen neuen Dresscode entwickelt. Die Formel lautet jetzt: Anzug plus weißes Hemd minus Krawatte. Die neue Freiheit zeigt sich hier also nur in Form einer Lücke. Schade! Auch deshalb, weil das weiße Hemd ohne Krawatte vitale Alpha-Tiere plötzlich blässlich aussehen lässt. Weiß ist leider eine Farbe, die nur wenigen Menschen gut steht. Bei der bislang gültigen Männeruniform wurde die bleichende Wirkung von weißen Hemden durch die farblich meist dunklere und kräftigere Krawatte abgemildert. Jetzt fehlt da etwas …

Freiheit und Individualität sehen anders aus. Jaaa, in der Post-Dresscode-Ära geht es mehr denn je darum, eine individuell stimmige Kleider-Lösung zu finden! Wenn die vorgeschriebene Uniform keine Entschuldigung mehr bietet für Kleidungsstücke, die dem Träger oder der Trägerin nicht stehen, dann müssen karriereinteressierte Menschen die Entdeckungsreise zum eigenen Stil antreten. Welche Farben? Welche Materialien? Auch Muster? Welche Kleidungsstücke und Accessoires überhaupt? Moderne Business-Kleidung passt zur Persönlichkeit und zu den eigenen Farben und Körperstrukturen.

Tipps für Männer

  • Probieren Sie unbedingt neue Hemdenfarben aus. Alles, was dunkler und bunter ist als Weiß. Vorschlag für Vorsichtige: Nehmen Sie ein strahlend hellblaues Hemd, die Farbe steht relativ vielen Menschen gut, also wahrscheinlich auch Ihnen.
  • Ziehen Sie ganz neue Kleidungsstücke in Betracht, um Ihre Individualisierung voranzutreiben: Pullover und Pullunder, Lederjacken und hochwertige (!), gut sitzende T-Shirts, schöne Schals, gut sitzende Westen, falls Sie ein klassischer Typ sind.

Tipps für Frauen

Für Frauen ist die neue Lässigkeit etwas einfacher, da ihre Kleidervorschriften schon immer mehr Varianten zugelassen haben. Aber auch für Frauen bietet die neue Lässigkeit Fallstricke, die ihr Image als ernsthafte Führungskraft beschädigen können:

  • Vermeiden Sie im beruflichen Kontext unbedingt alles Niedliche wie z. B. Blümchen und kleine Rüschen.
  • Experimentieren Sie stattdessen lieber mit kräftigen Farben und derb-stabilen Schuhen, die strahlen Autorität aus.